Ein Recht auf Spiel - Artikel 31
Text von Anna Sorgalla
Am 20. November 1989 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Kinderrechtskonvention (Convention on the Right of the Child, CRC). Bis auf die USA haben alle Mitgliedsstaaten der UN diese ratifiziert. Die Kinderrechtskonvention gehört zu den neun internationalen Menschenrechtsverträgen. Seit 1992 ist sie gültiges Recht in Deutschland. Kinderrechte sind Menschenrechte. Sie dienen zum Schutz des Kindes und der Garantie seiner Menschenrechte, erstmals verankert in einem internationalen Vertragswerk mit weltweitem Geltungsanspruch. Von der Regelung umfasst sind: das Recht auf freie Meinungsäußerung, der Anspruch auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, das Recht auf Bildung und das Recht auf Ruhe, Freizeit und Spiel. Mit dem Artikel 31 der CRC haben sich die Kinder der Affenklasse im Unterricht intensiv beschäftigt. Der Artikel 31 diente zur Arbeitsgrundlage unseres Projekts. Gemeinsam diskutieren wir die Begriffe des Spiels, der Ruhe, der Freizeit und der Beteiligung am kulturellen und künstlerischen Leben. Dabei heraus kamen individuelle Interpretationen und Vorstellungen von den Begriffen. Diese deckten sich mit den alpgemeingültigen Definitionen:
Spiel ist ein Grundbedürfnis von Kindern. Kinder haben das Recht auf Spiel. Spiel braucht keine Begründung. Spiel ist ein biologisch angelegtes Muster im Mensch. Und zwar das Spiel draußen, ohne pädagogische Anleitung durch Erwachsene. Das Spiel ist ein zentrales Element im Leben eines jeden Kindes. Nach Artikel 31 braucht Spiel von Kindern also keine Begründung. Es muss nicht durch Hinweise auf die Stärkung von Kompetenzen gerechtfertigt werden. Es ist ein biologisch angelegtes Grundbedürfnis.
Im April 2013 veröffentlichte der Kinderrechtsausschuss der Vereinten Nationen einen Kommentar zu Art. 31. Die Notwendigkeit eines solchen Kommentaren wird damit begründet, dass Kinder häufig zu wenige Möglichkeiten hätten, ihrem Bedürfnis nach Spiel, Ruhe und Freizeit nachzugehen. Kinder sind oft eingeschränkt, unter Anderem durch unsichere Umgebungen in der Wahrnehmung ihres Rechtes auf Spiel gehindert. Nach dem Kommentar des Kinderrechtsausschusses lautet die Definition von Spiel: „Kinderspiel sei danach jedes Verhalten, jede Aktivität oder jeder Prozess, der von Kindern selbst angestoßen, kontrolliert und strukturiert wird. Weiter heißt es, dass Betreuungspersonen zum Spiel beitragen können, in dem sie Umgebung zur Verfügung stellen könnten, an denen Spiel stattfinde. Aber Spiel könne nicht angeordnet werden. Es entstehe aus intrinsischer Motivation und finde seinen Zweck in sich selbst. Wesentlich sei also nicht, was Kinder tun, sonder dass sie es aus freien Stücken tun. Unter diese Definition fällt das von Erwachsenen ungeregelte Bolzen auf einem Garagenhof, nicht jedoch das Fußballtraining im Verein. Andererseits umfasst dies auch das freiwillige Lesen oder Computerspielen. Und auch freiwillige Mithilfe im Haus, gehört dazu, ebenso wie Backen, Blumen einpflanzen oder den platten Reifen reparieren. Aber vor allem umfasst die Definition das Spielen draußen, das ungeregelte Spiel meist in der Wohnumgebung, allein oder mit anderen Kindern.“
Was bewirkt Spiel? In der UN-Kinderrechtskonvention wird Spiel als „grundlegendes Verhalten und Bedürfnis von Kindern“ dargestellt, das „seinen Zweck in sich trägt und keine weiteren Begründung braucht. Spiel und besonders das Spiel draußen hat aber vielfältige Wirkung auf das Kind und die Entwicklung des Kindes. Diese Wirkungen sind auch in unserer Gesellschaft erwünscht.“ Im grundlegenden Kommentar zum Artikel 31 wird deshalb betont, dass Spiel und insbesondere selbst initiiertes Spiel draußen positive Auswirkungen auf die körperliche, geistige und seelische Entwicklung hat. Ein Kennzeichen von Kinderspiel ist, dass es mit körperlicher Bewegung unterschiedlichster Intensität verbunden ist. Durch Spiel partizipieren Kinder am Alltagsleben. Sie erkunden ihre Umwelt, machen Erfahrungen mit der Welt und der sie umgebenen Kultur, experimentieren und nehmen unterschiedliche Rollen ein. Sie lernen mit Risiken umzugehen. Spiel und Erholung fördern die Kreativität, Vorstellungskraft, das Selbstvertrauen, die Selbstwirksamkeit, ebenso wie kognitive und emotionale Stärke. Kinder verhandeln im Spiel, lösen Konflikte, treffen Entscheidungen und lernen ihre soziale Position in der Welt zu gestalten. Sie bilden Freundschaften. Spiel beeinflusst nicht nur Kinder. Auch die Zivilgesellschaft kann profitieren, wenn Kinderspiel zu einem selbstverständlichen Alltagsbestandteil in der Wohnumgebung wird. Spiel macht Kindern Freue und stärkt das seelische Gleichgewicht.
Welche Voraussetzung benötigt Spiel? Spiel braucht Raum und Zeit. Kinder benötigen Zeit für ihre eigenen Bedürfnisse ohne Stress, ohne Kontrolle und Organisation durch Erwachsene. Sie benötigen eine Wohnumgebung, in der sie sich ohne einschränkenden Straßenverkehr, Schmutz, zum Beispiel durch gefährlichen Müll oder Hundekot, frei und sicher bewegen können. Außerdem benötigen sie Zugang zu Arten, an denen sie in unterschiedlichen und anregungsreichen Umwelten unbeeinflusst spielen können, mit Zugang zu bei Bedarf hilfreichen Erwachsenen. Naturerfahrungen, Erfahrungen mit Pflanzen und Tieren, Erde, Wasser, Ästen und anderen Naturmaterialien sind essentiell für die Entwicklung. Kinder benötigen Räume, in denen sie ihre eigenen Welten gestalten können, aber auch Räume, in denen sie soziale und kulturelle Erfahrungen mit anderen machen können.
Freizeit wird als die Zeit definiert, die für Spaß und Erholung genutzt werden kann. Dies ist eine freie Zeit ohne Verpflichtungen, die das Kind so gestalten kann, wie es will.
Aktive Erholung: Freizeitaktivitäten decken eine Vielfalt and Aktivitäten ab. Es handelt sich um einen Allgemeinbegriff, der sich auf Aktivitäten bezieht, die das Kind unternehmen oder entdecken kann. Die Freizeitbeschäftigungen sollen freiwillig ausgewählt werden und können persönliche und soziale Zufriedenheit schaffen.
Altersgemäße Aktivitäten: Für jede Akitivtät ist das Alter des Kindes ein grundlegendes Kriterium für die Bestimmung der Zeit, des Ortes, des Beaufsichtigungsgrades während der Aktivität.
Trotz der zentralen Rolle des Spiel für die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Entwicklung des Kindes wird dieses Thema oft von den Regierungen vernachlässigt, durch Unterlassung – durch die Vernachlässigung des Rechtsschutzes und durch den Mangel an Investition in Räumlichkeiten und Möglichkeiten des Spiels, oder durch Handeln – dadurch, dass sie die Kinder mit Einschränkung belasten. Dies sind alles Hindernisse, die die Kinder davon abhalten, dieses Recht zu genießen.
Regierungen müssen an drei Fronten arbeiten, auch wenn die Lage nicht optimal ist oder nur geringe Ressourcen vorhanden sind. Jederzeit, in jeder Situ-ation, haben sie die Verp ichtung, dieses Recht zuwahren (Regierungen sollten Kinder und Jugend- liche nicht daran hindern, ihr Recht auszuüben), zu schützen (Regierungen müssen verhindern, dass andere Leute Kinder davon abhalten ihre Rechte auszuüben) und zu verwirklichen (Regierungen müssen sicherstellen, dass alle Kinder Zugang zu Diensten, Angeboten und Möglichkeiten haben, so dass sie ihr Recht auf Spiel und Freizeit ausüben können).
Die Vertragsstaaten werden aufgefordert, mögliche Auswirkungen auf dieses Recht zu berücksichtigen bei der Ausarbeitung von Sozial-, Arbeitsmarkt-, Wohn- und Stadtentwicklungspolitik, vor allem für die Kinder, die zuhause keine Möglichkeit haben,zu spielen oder ihre Freizeit zu genießen.